Volker-Johannes Trieb: "Der Westfälische Friede war ein Friedensschluss ohne Schuldzuweisungen".

Johannes Trieb, forx.pitchforks for peace ©Hermann Pentermann

Volker-Johannes Trieb: "Der Westfälische Friede war ein Friedensschluss ohne Schuldzuweisungen."

In diesen Zeiten, in denen die ganze Welt auf Gaza schaut, möchten wir ein ganz besonderes Interview mit dem deutschen Künstler Volker-Johannes Trieb veröffentlichen. Sein Kunstwerk "forx. pitchforks for peace" ist das Symbol der 375-Jahr-Feier des Westfälischen Friedens und wurde am 30. September feierlich übergeben.


1648 Heugabeln, auch Heuforken genannt, mit je einem Stück Holz an der Spitze, wurden über den Teil des Rathauses gelegt, in dem sich der Friedenssaal befindet. Dies ist der Saal, in dem am 24. Oktober 1648 die Verträge von Osnabrück und Münster unterzeichnet wurden. Diese Verträge beendeten den Dreißigjährigen Krieg, brachten Deutschland Religionsfrieden und eine neue Friedensordnung in Europa.


Der Künstler wählte die Heugabel, weil sie für ihn das Symbol der Wehrhaftigkeit gegenüber den Machthabern ist. In seinem Manifest stellt er fest, dass die größte menschliche Katastrophe des 30-jährigen Krieges nicht die Toten auf den Schlachtfeldern waren, sondern die Toten bei Plünderungen, Brandschatzungen und Vergewaltigungen unter der Zivilbevölkerung durch Soldaten. Die Menschen hätten sich nur mit Alltagsgegenständen, nicht zuletzt mit Heugabeln, verteidigen können.


In Zeiten von Flucht, Hunger, Angst und Ausgrenzung in der Welt müsse sich eine Gesellschaft bewusst gegen die evolutionäre Idee vom Sieg des Stärkeren entscheiden, und nur im Zeichen dieser Solidarität sei ein gerechter Weltfrieden möglich. Für den Künstler war der Westfälische Friede ein Friedensschluss ohne Schuldzuweisungen. Mit seinen Heugabeln will er ein Zeichen für ein einfaches Leben setzen, das in Verbindung mit demokratischen Prozessen eine Perspektive für eine nachhaltige Veränderung aussenden soll. Der Widerstand der Opfer.


Ein früheres Projekt des Künstlers, auf das wir ebenfalls hinweisen möchten, war „Welt Gewissen Katar", eine Kunstaktion im Vorfeld der Fußball WM in Katar, um ein Zeichen für die vielen tausend Gastarbeiter zu setzen, die auf den Baustellen der WM in Katar ums Leben kamen.

27 October 2023

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Interview Directory 

IN FOCUS

Name: Volker-Johannes Trieb

Beruf: Künstler, Aktivist

Wohnsitz: Osnabrück

Johannes Trieb, forx.pitchforks for peace ©Hermann Pentermann

"Frieden und Freiheit sind die Themen, die mich als Künstler am meisten bewegen."


Ich habe über Ihr Werk "Weltgewissen Katar" gelesen und war sehr bewegt davon. Aber auch Ihr neuestes Werk hat in diesen beängstigenden Zeiten große Aktualität erlangt. Wie haben Sie die Feierlichkeiten zum 375. Jahrestag des Westfälischen Friedens erlebt? Welche Momente haben Sie persönlich bewegt?


Frieden und Freiheit sind die Themen, die mich als Künstler am meisten bewegen. Beides ist für künstlerisches Schaffen der Ursprung, in der sich Kreativität zu Kunst entfalten kann. Es gab die unterschiedlichsten Erlebniswelten im letzten Jahr. Einerseits die Frage, wie kann der Friedensgedanke von Osnabrück in die Welt getragen werden? Und auf der anderen Seite, ddas Wir-Gefühl der Menschen in Osnabrück.


Beim Ersteren fragt man sich natürlich, wie kann man auf die Dinge, die in der Welt passieren, Einfluss nehmen? Für mich ist da die Antwort: Nichts machen ist keine Alternative. Wir müssen an den Weltfrieden glauben, so unmöglich er auch erscheint. Die sich selbst erfüllende Prophezeiung.


Und zweitens: In der Stadt Osnabrück gab es großartige Momente der Bürgerverständigung und der Gemeinschaft. Gerade am 25.10.2023, auf den Tag genau 375 Jahren nach Friedensschluss zogen 5000 Menschen vom Rathaus des Westfälischen Friedens singend zum Dom. Es war sehr bewegend.

Johannes Trieb, forx.pitchforks for peace ©Hermann Pentermann

"Der Westfälische Frieden ist der erste Frieden, der nicht durch militärische Stärke geschlossen wurde, sondern auf dem Wege der Diplomatie. Diese Wege sind zu Zeiten des Krieges in Nahost, Syrien, Afrika und der Ukraine besonders gefragt."


Können Sie den Lesern erzählen, wie Sie von der Stadt auf das Projekt angesprochen wurden? Sie schreiben auch in Ihrem Manifest, dass der Westfälische Friede ein Friedensschluss ohne Schuldzuweisungen war und dass von Osnabrück eine Perspektive der dauerhaften Veränderung ausging.


Alle 25 Jahre versucht die Stadt Osnabrück ein besonderes Zeichen für den Frieden zu setzen, welches über Osnabrück hinaus geht. In diesen Zeiten des Unfriedens auf der Welt und der klimatischen Veränderungen – des Krieges der Zivilisation gegen den Planeten – bekommt die Beschäftigung mit der Vergangenheit eine ganz andere Dimension.


"Wir müssen im Großen wie im Kleinen miteinander reden. Wir brauchen im Alltag Bilder, die das Thema Frieden ganz alltäglich sichtbar machen."


Der Westfälische Frieden ist der erste Frieden, der nicht durch militärische Stärke geschlossen wurde, sondern auf dem Wege der Diplomatie. Diese Wege sind zu Zeiten des Krieges in Nahost, Syrien, Afrika und der Ukraine besonders gefragt. Die Mistgabel, weiß angemalt, mit einem Stück Holz auf ihren Spitzen, ist weder für die Landwirtschaft noch für das gegenseitige Ärgern zu gebrauchen. Sie dient einzig und allein der Auseinandersetzung im Diskurs.


Wir müssen im Großen wie im Kleinen miteinander reden. Wir brauchen im Alltag Bilder, die das Thema Frieden ganz alltäglich sichtbar machen. Menschliche Arbeit, für die die Mistgabel steht, kann zum Wohle und zur Vernichtung des Planeten führen. Pax optima rerum – Der Frieden ist das beste aller Dinge. Wir müssen einfach nur das Beste jeden Tag machen.

 

Wie war es für Sie als Künstler, ein Werk zu Ehren dieses bedeutenden Jahres schaffen zu können?


Ein römisches Zitat besagt: „Nicht der Ort ehrt den Menschen, sondern der Mensch den Ort“. Kunst machen ist keine Selbstbefriedigung. Natürlich versuche ich mein Tun und Handeln in einen gesellschaftlichen Kontext zu setzen. Von daher glaube ich, hat es nichts mit Ehre zu tun, es ist einfach meine Arbeit, dies zu tun.

 

Wie haben Sie sich dazu inspirieren lassen, das Kunstwerk aus Heugabeln zu machen?


Das größte Thema meines Schaffens ist die Alltagskultur „die Heiligung der Alltagskultur.“ Und gerade dafür ist die Mistgabel ein großes Zeichen.


Ist es noch möglich, die Gabeln als einzelne Kunstwerke von Ihnen zu erwerben? An welches Trinkwasserprojekt in Afrika geht der Erlös der Kunstwerke?


Die forx-Gabeln können für 100 € erworben werden. Der Verkaufserlös fließt in das Projekt, dass ich zusammen mit Rotary weltweit initiiere und dessen Ziel es ist, Spenden für Wasserprojekte in benachteiligten Ländern zu akquirieren.

Johannes Trieb, forx.pitchforks for peace ©Hermann Pentermann

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