ZOE pictured with collegue Sophie Yukiko ©Private credit


ZOE: „Die Hexe repräsentiert eine selbstbewusste Frau, die sich patriarchalen Normen widersetzt, was mich prägt.“

ZOE, mit bürgerlichem Namen Marie-Zoe Buchholz, ist eine interdisziplinäre Performance-Künstlerin und Kuratorin aus Düsseldorf, die mit ihrer Walpurgisnacht-Prozession am Theatermuseum die Geschichte der Hexenverfolgung aufgreift. Sie gilt als eine der führenden Figuren der deutschen Ballroom-Szene, gehört zur ersten Generation von Voguing-Performer*innen in Deutschland, war Gründungsmitglied des House of Melody (heute House of Saint Laurent) und ist die German Mother des internationalen House of Elle aus New York. 


Die Stadt Düsseldorf stattete ZOE mit dem Förderpreis für darstellende Künste aus und ist aktuell Stipendiatin des Programms „Präsenz vor Ort“ des Frauenkulturbüros NRW. Sie äußert sich wütend über Victim-Blaming, wie im Fall von Theologen, die Hexenverfolgungsopfern eine „Teilschuld“ zuschreiben, und betont: „Der Archetyp der Hexe ist ein weiblicher Archetyp, und ich finde es auch wichtig, dass man ihn als solchen benennt und zeigt. Die Ursachen der Hexenverfolgung sind komplex, aber sie war überwiegend eine systematische Jagd auf weibliche Personen und ging mit einer Obsession mit und Verteufelung von weiblicher Sexualität einher.“


Ihre künstlerische Praxis verbindet Voguing, Physical Theatre, Spoken Word und Vocal Music, oft aus afro-diasporischer und feministischer Perspektive, um Themen wie Hexenverfolgung, Rehabilitation historischer Ungerechtigkeiten und misogyne Gewalt zu behandeln. 2017 entwickelte sie, inspiriert von #MeToo und der Geschichte von Helena Curtens und Agnes Olmans – den letzten Frauen, die 1738 im Rheinland als Hexen verbrannt wurden –, ein Theaterstück, das historische und aktuelle Verfolgung beleuchtet. Ihre Walpurgisnacht-Prozession am Theatermuseum zog Hunderte an und zeigte das Bedürfnis nach spirituellen Gemeinschaftsritualen. ZOE plant, politisch-künstlerische Prozessionen mit afro-diasporischem Fokus fortzuführen. Sie tritt am 24. September 2025 mit FEMINA SAGA – Genesis im Ludwig Forum Aachen auf und zeigt am 31. Oktober 2025 eine neue Produktion im Tanzhaus NRW, die afro-diasporische Themen behandelt. Trotz knapper Fördermittel bleibt Düsseldorf ihre Basis, wo sie mit städtischen Institutionen kooperiert. Dieses Interview ist ein Muss für alle, die sich für die #MeToo-Bewegung oder die Fälle Harvey Weinstein und Sean Combs interessieren.

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4. Juni 2025

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Interview Directory 

DÜSSELDORF/IN FOCUS

Name: ZOE

Beruf: Interdisziplinäre Performance-Künstlerin und Kuratorin

Wohnort: Düsseldorf

„Inspiriert durch die Debatten um #MeToo, wurden mir die Parallelen zur Hexenjagd klar, und ich entwickelte ein Theaterstück, das historische und aktuelle Formen der Verfolgung beleuchtet – mit Körpern, die gejagt, angeklagt und zu Feindbildern gemacht werden.“


AM: Die erste Frage betrifft die ausgeschlossene juristische Rehabilitierung und Ihre Sicht auf unsere Performance im Kontext historischer Ungerechtigkeiten. Welche Gedanken haben Sie dazu?


ZOE: Die Geschichte von Helena und Agnes hat mich, seit ich sie zufällig entdeckte, tief bewegt. 2017, inspiriert durch die Debatten um #MeToo, wurden mir die Parallelen zur Hexenjagd klar, und ich entwickelte ein Theaterstück, das historische und aktuelle Formen der Verfolgung beleuchtet – mit Körpern, die gejagt, angeklagt und zu Feindbildern gemacht werden.

Meine Recherchen zu Düsseldorfs Rolle führten mich wiederholt zu diesen Frauen. Die ausbleibende juristische Rehabilitierung empfinde ich als eklatantes Unrecht. Es ist mir unverständlich, warum dies unmöglich sein soll. Ich bin Künstlerin, und das Einzige, was ich tun kann, ist, durch mein Kunst- und Kulturschaffen darauf aufmerksam zu machen und zumindest auf emotionaler und spiritueller Ebene eine Korrektur und Rehabilitierung zu fordern.

„Dies zeigt, wie universell dieses Unrecht verstanden wird und gleichzeitig wie groß das Bedürfnis nach nicht-institutionellen, spirituellen Gemeinschaftserfahrungen ist.“

Die Resonanz war überwältigend. Meine Kollegin Sophie Yukiko und ich, mit der ich die Prozession durchführte, erwarteten lediglich einige Interessierte aus unserem künstlerischen Umfeld, vielleicht zwanzig Neugierige, doch teilweise schlossen sich Hunderte an. Es war beeindruckend zu sehen, wie ein fremdes Schicksal so viele Menschen berührt. Dies zeigt, wie universell dieses Unrecht verstanden wird und gleichzeitig wie groß das Bedürfnis nach nicht-institutionellen, spirituellen Gemeinschaftserfahrungen ist. Manche kamen und gingen, doch die große Beteiligung verdeutlicht das Bedürfnis nach Ritualen, die nicht an Dogmen gebunden sind. Diese Erkenntnis motiviert mich, weiterzumachen.


Das klingt beeindruckend. Ihr Stück FEMINA SAGA behandelt ebenfalls das Hexenthema. War dies Ihr größtes Projekt im Theatermuseum?


Im Theatermuseum ja. Die erste Version von FEMINA SAGA wurde jedoch durch das tanzhaus NRW co-produziert und dort auch 2020 uraufgeführt. FEMINA SAGA war mein erster intensiver künstlerischer Zugang zu Hexen. Meine neue Rolle als Mutter unterbrach die Fortsetzung Arbeit, und dann verschwand das Stück wegen des harten Lockdowns in der Versenkung.


Letztes Jahr habe ich es wieder aufgegriffen und weiterentwickelt, rund um die Geschichte der Mutter oder des Mutterkörpers im Vergleich zum Hexenkörper. Es gab mehrere Aufführungen mit großem Publikum. Dennoch ist die Dynamik im öffentlichen Raum, wie zur Walpurgisnacht am Theatermuseum, einzigartig, da wir Menschen ansprechen, die Theaterräumen sonst fern bleiben. Dies empfand ich als besonders wertvoll, da der Zugang für ein breiteres Publikum offen war.


„Inspiriert durch die Prozession am Theatermuseum und die Recherche, die sich spezifisch mit dem afro-diasporischen Kulturerbe befasste, könnten wir uns eine Fortsetzung politisch-künstlerischer Umzüge, die eine breite Gemeinschaft ansprechen, vorstellen."


Sie planen, die Arbeit aus dem Theatermuseum fortzuführen. Welche Ideen verfolgen Sie?


Meine Kollegin Sophie Yukiko recherchiert aktuell die Geschichte von Prozessionen und deren Unterschiede zu Demonstrationen, Aufständen oder anderen Formen der Proteste. Wir haben uns u.a in unserer letzten Recherche mit der Praxis von Umzügen und Zelebrationen auseinandergesetzt, etwa wenn Menschen zusammenkommen, um zu beten, zu demonstrieren oder zu feiern. Inspiriert durch die Prozession am Theatermuseum und die Recherche, die sich spezifisch mit dem afro-diasporischen Kulturerbe befasste, könnten wir uns eine Fortsetzung politisch-künstlerischer Umzüge, die eine breite Gemeinschaft ansprechen, vorstellen.


In Deutschland sind solche Projekte durch behördliche Vorschriften herausfordernd, da Anmeldungen und Sicherheitsauflagen erforderlich sind. Doch die Resonanz zeigt ihr Potenzial. Alle fühlten sich angesprochen, und wir möchten dieses Format weiterentwickeln, um politische und künstlerische Botschaften zugänglich zu machen.


„Mich spornt es eher an, wenn jemand sagt: “Nein, das geht nicht“, und ich mir denke: „Warum soll das das nicht gehen?“. Es ist Teil meiner Praxis, Dinge auszuprobieren, die andere für unrealistisch halten.“


Die rechtliche Lage zur juristischen Rehabilitierung ist eigentlich aussichtslos, durch das Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806. Könnte Ihr Engagement die Debatte neu beleben?


„Solches Victim-Blaming macht mich unglaublich wütend und unterstreicht die Dringlichkeit dieser Debatte. Es gibt Kräfte, die eine Aufarbeitung verhindern möchten, und das muss hinterfragt werden.“


Das denke ich schon. Mich spornt es eher an, wenn jemand sagt: “Nein, das geht nicht“, und ich mir denke: „Warum soll das das nicht gehen?“. Es ist Teil meiner Praxis, Dinge auszuprobieren, die andere für unrealistisch halten. Meine ganze Lebensphilosophie- und Weise ist für manche unrealistisch. Aber wenn wir daran glauben, dass sich Dinge oder Gesetze nicht ändern lassen, dann wären wir in den Debatten um Sexismus, Frauenrechte, Rassismus oder Queerness noch längst nicht da, wo wir heute stehen. Dieser Fortschritt und auch neue Gesetzte mussten immer wieder aktiv, lauthals und auch teilweise durch unbequemes Verhalten eingefordert werden.


Andere Länder haben beispielsweise, trotz ähnlicher Hindernisse, die Rehabilitierungen von vermeintlichen Hexen ermöglicht – warum nicht hier? Beharrliches und vehementes Fordern kann Veränderungen bewirken. Gesetze sind kein göttliches Gebot, sondern menschengemacht, und wo ein Wille ist, gibt es auch einen Weg.


Es geht auch darum, wer Veränderungen blockiert. Frühere Diskussionen zeigten wenig Interesse an Rehabilitierungen. Ein Theologe sprach beispielsweise im Fall Helena Curtens und Agnes Olmans von einer „Teilschuld“ der Opfer – bei einer Hexenjagd. Solches Victim-Blaming macht mich unglaublich wütend und unterstreicht die Dringlichkeit dieser Debatte. Es gibt Kräfte, die eine Aufarbeitung verhindern möchten, und das muss hinterfragt werden.


Welche Rückmeldungen erhielten Sie von Besucher*innen, und wie waren die Emotionen?


Viele empfanden die Performance als bewegende Zeremonie, besonders LGBTQ-Personen. Ich bin eine spirituelle Person und glaube, dass wir alle ein spirituelles Bedürfnis haben. Ich glaube auch, dass wir neue Räume brauchen, die nicht so stark mit Ideen und Ideologien behaftet sind, in denen man zusammen praktizieren kann. Einige fragten, ob wir solche Rituale öfter veranstalten. Die Dankbarkeit für diesen Raum, in dem Trauer und Lebensfreude gleichzeitig Platz finden konnten, war spürbar. Dr. Sascha Förster, der Institutsleiter, initiierte das Projekt mit der Idee einer „ Prozessions“-Performance. Er hat wirklich oft tolle Ideen und bietet immer einen Raum und Ressourcen um neue Konzepte und Formate auszuprobieren Die Kooperation mit dem Goethe-Institut entstand ebenfalls durch Sascha, etwa durch die Ausstellung von Hexenbüchern aus dem 16. Jahrhundert, von deren Existenz ich zuvor nichts wusste. Solches Wissen sollte meiner Meinung nach nicht in Archiven verstauben sondern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, um Teilhabe zu ermöglichen.


„Der Archetyp der Hexe ist ein weiblicher Archetyp, und ich finde es auch wichtig, dass man ihn als solchen benennt und zeigt. Die Ursachen der Hexenverfolgung sind komplex aber sie war überwiegend eine systematische Jagd auf weibliche Personen und ging mit einer Obsession mit und Verteufelung von weiblicher Sexualität einher."


Das Motto „Zeig deine innere Hexe“ stand im Zentrum der Veranstaltung. Was bedeutet das für Sie?


Der Aufruf kam von Sascha und ich dachte zunächst: „Was ziehe ich an um das Thema authentisch und respektvoll umzusetzen?“ Aber am Ende des Tages bin ich 24/7 eine Hexe. Es macht keinen Unterschied was ich trage. Gleichzeitig fand ich es schön, dass einige eher einem klischeehaften, popkulturellen Bild einer Hexen entsprachen. Andere portraitierten ein karnevalistisches Bild. Manche kamen in einem “original getreuen“ Look, der an eine mittelalterliche Tracht erinnerte. Ein Mann kam in einem Zauberer Kostüm, denn auch Männer können Hexen sein.


Der Archetyp der Hexe ist ein weiblicher Archetyp, und ich finde es auch wichtig, dass man ihn als solchen benennt und zeigt. Die Ursachen der Hexenverfolgung sind komplex aber sie war überwiegend eine systematische Jagd auf weibliche Personen und ging mit einer Obsession mit und Verteufelung von weiblicher Sexualität einher. Dieses Erbe ist bis heute spürbar. Als Hexe benannt zu werden war früher ein Todesurteil. Und auch heute noch werden Menschen in anderen Ländern wegen angeblicher Hexerei verfolgt. Gleichzeitig ist die Selbstbezeichung Hexe heute etwas, dass als ein Akt der selbst Ermächtigung verstanden werden kann. Jeder kann diesen Archetyp für sich beanspruchen, egal mit welchem Geschlecht man sich identifiziert, denn er steht für weibliche Emanzipation, nicht-konformität und Widerstand. Er repräsentiert feministische Werte. Es geht darum, nicht still zu sein, sich nicht klein machen zu lassen, ausdrucksstark und laut zu sein. Und dass man sich selbst vertrauen kann.


„Gleichzeitig war ich fasziniert von ihr, weil die Hexe immer eine Frau war, die Magie praktizierte und sich von niemandem und nichts sagen ließ, was sie tun soll. Sie war kein People-Pleaser.“


„Diese Aneignung wurde zu einer Quelle künstlerischer und persönlicher Stärke. Die Hexe repräsentiert eine selbstbewusste Frau, die sich patriarchalen Normen widersetzt, was mich prägt.“


Ich finde es sehr interessant, dass Sie sich selbst auch als Hexe bezeichnen.


Ich denke, der Hexen-Archetyp ist etwas, mit dem ich mich schon immer mehr oder weniger identifizieren konnte. Die Hexe ist jemand, vor dem ich mich als Kind zwar gefürchtet habe, beispielsweise wegen der Disney-Zeichentrick-Darstellung von Hexen. Gleichzeitig war ich fasziniert von ihr, weil die Hexe immer eine Frau war, die Magie praktizierte und sich von niemandem und nichts sagen ließ, was sie tun soll. Sie war kein People-Pleaser. Es ging ihr nicht darum, gemocht zu werden. Es ging ihr nicht darum, angepasst zu sein. Sie war sich ihrer selbst und ihrer Macht voll bewusst und sie hatte keine Angst, diese zu nutzen. Und das fand ich schon immer faszinierend und auch erstrebenswert.


Die Aneignung des Hexen-Archetyps kam dann aber später, zunächst tatsächlich durch Fremdzuschreibungen, die manchmal mit einem Augenzwinkern, manchmal anerkennend aber manchmal auch eher negativ konnotiert waren. Und irgendwann kam mir der Gedanken “Wenn so viele Leute das in mir sehen, ich mich zu diesem Archetyp hingezogen fühle und ich mich mit der Geschichte dieser Bezeichnung respektvoll identifiziere und viel Reichtum darin sehe, künstlerisch, spirituell und menschlich, als Frau, als Schwarze Person, als Mutter dann kann ich mich auch einfach so nennen.“


Welche Rolle spielte das Thema misogyner Gewalt in Ihrer Prozession?


Sie war der Hauptimpuls für die Prozession und das Ritual. Es sollte eine Feier, ein Trauermarsch und ein Protest sein. Einerseits feierten wir die Walpurgisnacht, ein Fest, das mit wilden, ungebändigten, lustvollen Frauen assoziiert wird, die nackt auf einem Berg tanzen und Orgien feiern. Jedoch werden weiblich gelesene Personen, die ihre Sexualität für sich beanspruchen und selbstbestimmt leben, bis heute als Hexen, Schlampen oder Huren bezeichnet. Zwar gab es zuletzt ausgelöst durch #MeToo eine feministische Welle die eine erneute Debatte über misogyne und insbesondere sexualisierte Gewalt ausgelöst hat. Dennoch, spüren wir sieben, acht Jahre nach dem Hashtag einen Rückschlag, da rechtsnationale Stimmungen größer werden und traditionelle Werte und Vorstellungen, die Rassismus befeuert, Queerness und Diversität verdrängt und die Vorstellung wie eine Frau zu sein hat, wieder stärker werden.


In den letzten Jahren gab es viele Fälle von sexualisierter Gewalt und Missbrauch, wie den Fall mit Gisèle Pelicot, der mich wie viele andere völlig aus der Bahn geworfen hat. Denn er hat verdeutlicht, wo Frauen der größten Gefahr ausgesetzt sind. Misogyne Gewalt passiert nicht in einem dunklen Park oder weil du einen Minirock trägst, was einer Mitschuld gleichkommt. Misogyne Gewalt passiert meistens durch Männer, die einem nahestehen, die eigentlich eine Vertrauensperson sein sollten und sie passiert mit System.


Seit der Pandemie haben Femizide global wieder zugenommen, weil die Menschen zu Hause isoliert waren und was das Potenzial für häusliche Gewalt erhöht hat. Es klingt absurd aber auch Agnes Olmans wurde von ihrem eigenen Mann der Hexerei beschuldigt, was zu ihrem Tode führte. Die Zeiten haben sich geändert aber manche Dynamiken und Mechanismen haben sich lediglich gewandelt und besser getarnt und nicht aufgelöst. 


„Eine Hexenjagd beschreibt die Verfolgung machtloser Personen für nicht begangene Taten. In diesen Fällen nutzen jedoch mächtige Männer mit Ressourcen den Begriff, um sich als Opfer darzustellen, obwohl die Beweise gegen sie sprechen.“


Wie wenden Sie den Begriff „Hexenjagd“ in aktuellen Kontexten an, etwa bei Fällen wie Sean “Diddy“ Combs oder Rammstein?


Der Begriff „Hexenjagd“ wird oft missbraucht, um Vorwürfe sexualisierter Gewalt abzuwehren, etwa von einflussreichen Akteuren wie Donald Trump oder den Anwälten von Sean Combs. Eine Hexenjagd beschreibt die Verfolgung machtloser Personen für nicht begangene Taten. In diesen Fällen nutzen jedoch mächtige Männer mit Ressourcen den Begriff, um sich als Opfer darzustellen, obwohl die Beweise gegen sie sprechen. Dies ist perfide, da es die Dynamik von Gewalt und Macht verdreht und die Debatte über Sexismus blockiert. Und es ist auch zutiefst respektlos den Menschen gegenüber, die wirklich Opfer einer Hexenjagd wurden.

Der Fall Sean Combs zeigt das Ausmaß systematischer Gewalt, die über Jahrzehnte unbemerkt blieb, obwohl viele Mitwisser existierten. Ähnliches sehe ich bei Rammstein, wo trotz dem Einstellen der Verfahren eine systematische Vertuschung erkennbar ist. Solche Fälle verdeutlichen, dass die Diskussion über misogyne Gewalt und Sexismus noch lange nicht abgeschlossen ist. Es ist erschütternd, dass solche Taten über Jahrzehnte unbemerkt bleiben, was ein großes gesellschaftliches Problem offenlegt.


Wo können wir Sie als Nächstes sehen?


Am 24. September zeige ich FEMINA SAGA - Genesis im Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen. Am 31. Oktober feiert zudem meine neue Produktion im Tanzhaus NRW Premiere, die afro-diasporische Realitäten, rassismuskritische und koloniale Themen mit spirituellem Fokus behandelt. Als Workshop-Leiterin und Kuratorin bin ich ebenfalls aktiv, vor allem in Düsseldorf.


"Düsseldorf trägt als Ort der letzten Hexenverbrennung im Rheinland 1738 eine besondere Verantwortung, das Thema aufzugreifen."


Werden Sie von der Stadt unterstützt? Wie schwierig ist es für Sie, Aufträge zu bekommen?


Düsseldorf bietet mir eine solide Basis, da ich viel in Kooperation mit städtischen Institutionen veranstalte und die Stadt auch nach aussen repräsentiere. Dennoch wird die Kunstszene schwieriger, da Fördermittel in NRW und Deutschland knapper werden, während die Konkurrenz wächst. Als Solokünstlerin mit temporären Projekten ist der Aufbau eines stabilen Teams oder Kompanie eine Herausforderung. Früher war es teilweise einfacher, doch die Pandemie und Mutterschaft haben dies verändert. Hinzu kommt das Förderungen oft innovative, trendige Projekte verlangen, ich bevorzuge jedoch eher kontinuierliche Themen wie die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Hexenverfolgung, die neue Ideen inspirieren. Nachhaltige Strukturen fehlen in den Darstellenden Künsten, was die Arbeit erschwert. Dennoch bin ich dankbar, meine Kunst weiterentwickeln zu können.


Düsseldorf trägt als Ort der letzten Hexenverbrennung im Rheinland 1738 eine besondere Verantwortung, das Thema aufzugreifen. Ich wünsche mir, dass die Geschichte und die zugrunde liegenden Mechanismen eine größere Bühne erhalten, da Themen der Misogynen Gewalt oder die Idee eines Sündenbocks immer in Intersektion mit anderen diskriminierenden Dynamiken und Vorherrschaftsystemen existiert welche uns Gesamtgesellschaftlich letztlich alle betreffen.

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