
Anonym, LZ 127
Graf Zeppelin
in Fahrt, 1931 © Zeppelin Museum Friedrichshafen
Advertorial
„Der Zeppelin war ideal, um Ideologien zu transportieren und die öffentliche Wahrnehmung zu lenken – sei es für militärische Überlegenheit, globale Vernetzung oder politische Propaganda.“
Version Agentur Weingarten, 8. Juli 2025
Gekürzt, Anmerkung der Redaktion
Die Geschichte der Zeppeline übt eine unvermindert starke Anziehungskraft aus, die weit über technische Errungenschaften hinausgeht. Im Gespräch mit Alethea Talks beleuchten Barbara Waibel, Leiterin des Archivs im Zeppelin Museum Friedrichshafen, und Mara Kölmel, Kuratorin, die Gründe für diese Faszination und die Verantwortung des Museums, diese Geschichte kritisch zu reflektieren. Zeppeline waren einzigartig in ihrer Ästhetik – ihre aerodynamische Form wirkt in historischen Aufnahmen oft wie abstrakte Kunst. Die glamouröse Aura der High Society, die diese Luftschiffe nutzte, hallen bis heute nach, jedoch dienten sie über Jahrzehnte – vom Kaiserreich bis zum Nationalsozialismus – als Projektionsfläche für nationale Größe und politische Propaganda. Besonders in der NS-Zeit wurden sie mit Hakenkreuzen versehen, um weltweit Macht zu demonstrieren, etwa bei Flügen über New York oder bei Wahlkampfreisen 1936.
Das Zeppelin Museum Friedrichshafen, im denkmalgeschützten Bauhausgebäude des Hafenbahnhofs, widmet sich dieser ambivalenten Geschichte. Über 1.500 Originalexponate erzählen die Geschichte der Luftschifffahrt, von den Pionierleistungen Graf Zeppelins bis zum Hindenburg-Unglück 1937. Ein Highlight ist die originalgetreue, begehbare Nachbildung eines 33 Meter langen Abschnitts der LZ 129 Hindenburg.
Die aktuelle Sonderausstellung „Bild und Macht. Zeppelinfotografie im Fokus“, die am 6. Juni 2025 eröffnete, widmet sich der Rolle der Fotografie in der Inszenierung der Zeppeline als Symbole nationaler Selbstrepräsentation und politischer Einflussnahme. Die Ausstellung beleuchtet, wie Luftschiffe im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und insbesondere während der NS-Diktatur als mächtige Bildmotive genutzt wurden, um Ideologien und militärische Überlegenheit zu transportieren. Im Kontext der heutigen digitalen Bilderflut stellt die Ausstellung die Frage nach der Macht der Bilder, ihrer Instrumentalisierung und ihrem Wahrheitsgehalt. Die Ausstellung integriert zeitgenössische Kunstwerke, die historische Bilder neu interpretieren, etwa durch Künstlerinnen wie Aziza Khadiri, die Zeppelin-Bilder mit mythischen Narrativen verbindet, oder das Kollektiv EBB Global, das KI-generierte Bilder nutzt, um Manipulationen spielerisch zu thematisieren.
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August 8, 2025
ART/IN FOCUS
Name: Barbara Waibel, Historikerin und Leiterin des Archivs, Zeppelin Museum
Name: Mara Kölmel, Kuratorin und Leiterin Kunst, Zeppelin Museum

Ebb.global & Neïl Beloufa, mock ups of AI generated images based on a dataset of zeppelin images from the Zeppelin Museum, work in progress, 2024.
AM: Warum fasziniert die Geschichte der Zeppeline so viele Menschen?
Barbara Waibel: Als Leiterin des Archivs arbeite ich viel mit unserem Bildarchiv und die Reaktionen auf diese Bilder sind oft sehr emotional. Sicherlich liegt es an der einzigartigen Ästhetik und der aerodynamischen Form der Zeppeline. Besonders Aufnahmen aus der Konstruktionsphase wirken fast abstrakt, wie Kunstwerke. Fotografen haben diese Bilder bewusst so gestaltet, dass sie zunächst fremd erscheinen, was ihre Wirkung verstärkt. Dazu kommen Aufnahmen von Zeppelinen über fernen Ländern, die Reiseträume wecken. Zeppeline standen für Glamour, da sie oft von der High Society genutzt wurden. Gleichzeitig wurden sie von Regierungen und Unternehmen für Propaganda eingesetzt, was ihre Bildsprache bis heute prägt.
„Er war ideal, um Ideologien zu transportieren und die öffentliche Wahrnehmung zu lenken – sei es für militärische Überlegenheit, globale Vernetzung oder politische Propaganda.“
Mara Kölmel: Der Zeppelin war eine Projektionsfläche für unterschiedlichste Sehnsüchte: technische Innovation, nationale Größe, Macht oder die Eroberung des Himmels. Über 40 Jahre hinweg, durch Kaiserreich, Weimarer Republik und Nationalsozialismus, wurde er in allen drei Epochen genutzt, um eine technisch fortschrittliche, machtbewusste Nation darzustellen. Er war ideal, um Ideologien zu transportieren und die öffentliche Wahrnehmung zu lenken – sei es für militärische Überlegenheit, globale Vernetzung oder politische Propaganda.

Screenshot aus Christelle Oyiri – Sky is the limit, 2025, gefördert durch DRE-SEARCH. Das ZF-Forschungsstipendium 2025 © Zeppelin Museum Friedrichshafen, courtesy of the artist

Bild und Macht. Zeppelin-Fotografie im Fokus, 2025, Installationsansicht Christelle Oyiri, Sky is the Limit, 2025, gefördert durch RE-SEARCH. Das ZF-Forschungsstipendium 2025 © Zeppelin Museum Friedrichshafen, Foto Markus Tretter
Wie betreuen Sie Ihr Bildarchiv?
Barbara Waibel: Unser großes Bildarchiv ist das Herz der Ausstellung. Es stammt teilweise von der fotografischen Abteilung der Luftschiffbau Zeppelin GmbH, die Bilder für Postkarten, Magazine oder Kalender produzierte. Wir kaufen gezielt Aufnahmen von Agenturen oder Auktionen, um die Sammlung zu erweitern. Unser Zeppelin-Kalender nutzt diese Bilder, um die Geschichte lebendig zu halten.
„Die Verbindung zum NS-Regime ist unbestreitbar. Die Regierung hielt Anteile an der Luftschiffbau-Gesellschaft und beeinflusste den Betrieb stark. Ab 1933 wurde das Hakenkreuz auf die Zeppeline gemalt – eine „fliegende Litfaßsäule“, die weltweit Machtdemonstrationen ermöglichte.“
Wie ist es für Sie, dass Zeppeline oft mit dem NS-Regime in Verbindung gebracht werden?
Barbara Waibel: Als Museumsteam sehen wir die Zeppeline primär im Kontext der 1920er Jahre, wo sie für Frieden, internationale Vernetzung und Fortschritt standen. Doch die Verbindung zum NS-Regime ist unbestreitbar. Die Regierung hielt Anteile an der Luftschiffbau-Gesellschaft und beeinflusste den Betrieb stark. Ab (...auf Wunsch gekürzt)

LZ 56/LZ 86 am Landeplatz in Königsberg, Winter 1915/1916 © Zeppelin Museum Friedrichshafen D

Ebb.global & Neil Beloufa, mock ups of AI generated images based on a dataset of zeppelin images from the Zeppelin Museum, work in progress, 2024.
„Als kaisertreuer Militär war er konservativ, aber wie er sich gegenüber des NS-Regimes verhalten hätte, bleibt unklar.“
Wie stand der Gründer dazu?
Barbara Waibel: Graf Zeppelin war bereits im Ersten Weltkrieg verstorben, daher können wir nur spekulieren. Als kaisertreuer Militär war er konservativ, aber wie er sich gegenüber des NS-Regimes verhalten hätte, bleibt unklar. Zu jener Zeit leitete Hugo Eckener das Unternehmen. Er war eine ambivalente Figur – kein überzeugter Nationalsozialist, sondern nationalkonservativ. Um den Transatlantikverkehr zu etablieren, nahm er Kompromisse an und nutzte die Gelder des Regimes. Später aber, in seinen 1949 veröffentlichten Memoiren, stellte er sich als Gegner des NS-Regimes dar. So konnte er sich von Vorwürfen distanzieren.
Warum wird Eckener oft als Gegner gesehen?
Barbara Waibel: Das liegt an seinen Memoiren, in denen er sich bewusst von der NS-Zeit abgrenzte. Dieses Narrativ war nach dem Krieg erfolgreich, obwohl er Kompromisse eingegangen war.
Was bedeutet es für das Museum, sich mit dieser Geschichte auseinanderzusetzen?
Barbara Waibel: Als Mitglied des Internationalen Museumsrats (ICOM) haben wir einen Bildungsauftrag. Es ist essenziell, diese Geschichte kritisch zu beleuchten. Unsere kommende Ausstellung „Luftschiffe unterm Hakenkreuz“ widmet sich genau dieser Zeit. Gerade in Zeiten wachsenden Nationalismus ist das ein dringliches Thema.
„Neben den glamourösen Reisen nach Amerika beleuchten wir auch die Rolle der Zeppeline im Ersten Weltkrieg oder als Propagandainstrument.“
Mara Kölmel: Früher wurde die Zeppelin-Geschichte oft glorifiziert, ohne die problematischen Aspekte zu hinterfragen. Seit das Museum wissenschaftlich geführt wird, ist es unser Anspruch, Mythen aufzubrechen. Neben den glamourösen Reisen nach Amerika beleuchten wir auch die Rolle der Zeppeline im Ersten Weltkrieg oder als Propagandainstrument. Seit 1986 gibt es eine Abteilung zum Ersten Weltkrieg, der für die technische Entwicklung entscheidend war.
Hatten Unternehmer damals überhaupt Spielraum?
Barbara Waibel: Das muss differenziert betrachtet werden. Aus heutiger Sicht ist es leicht zu urteilen, aber die Geschichte zeigt, welche Zwänge und Möglichkeiten es gab. Es ist wichtig, diese Grauzonen zu verstehen.
Gab es Bilder, die gezielt für Propaganda genutzt wurden?
Barbara Waibel: Die schiere Größe der Zeppeline war ideal für Propaganda – in allen Epochen. Ob im Kaiserreich, in der Weimarer Republik oder im NS-Regime: Solch ein gigantisches Fluggerät beeindruckte und transportierte Botschaften. Auch heute wirken diese Bilder stark.
„Viele assoziizieren Zeppeline mit Gefahr, obwohl moderne Luftschiffe mit nicht brennbarem Helium betrieben werden. Der Unfall, live vor Kameras, prägt die Wahrnehmung.“
Kommen wir zum Hindenburg-Unglück am 6. Mai 1937, als das Luftschiff Hindenburg bei der Landung in New Jersey, in Flammen aufging. Welche Emotionen löst er aus, und wie wird er in der Ausstellung dargestellt?
Barbara Waibel: Der Hindenburg-Unfall ist ein zentraler Bestandteil unserer Museums und in der Dauerausstellung beginnen wir mit diesen Bildern, da sie die Besucher emotional abholen. Viele assoziizieren Zeppeline mit Gefahr, obwohl moderne Luftschiffe mit nicht brennbarem Helium betrieben werden. Der Unfall, live vor Kameras, prägt die Wahrnehmung. Wir widmen ihm eine eigene Sektion, die auch die Medieninszenierung und die Macht der Bilder thematisiert.

Aziza Kadyri, Lighter than the Words We Share, 2025
Warum endete die Erfolgsgeschichte?
Barbara Waibel: Nach dem Hindenburg-Unfall war klar, dass Passagierverkehr mit wasserstoffgefüllten Luftschiffen nicht fortgesetzt werden konnte. Verhandlungen über Heliumlieferungen aus den USA scheiterten, da die Amerikaner – angesichts der politischen Lage – kein Helium an Nazideutschland liefern wollten. Das machte den Transatlantikverkehr unmöglich.
„Quellen verraten: Es war ein Fehlstart, das Luftschiff sank, die Höhensteuerung war defekt.“
Ihr Ausstellungsthema sind historische Bildmanipulation und Deepfakes.
Mara Kölmel: Bilder sind nie neutral, sondern transportieren gezielte Botschaften. Ob Propaganda der 1910er bis 1930er Jahre oder moderne Deepfakes – wir wollen Medienkompetenz fördern. Besucher*innen sollen lernen, Bilder zu hinterfragen: Mit welcher Intention wurden sie gemacht? Welchen Kontext haben sie?
Barbara Waibel: Ein Beispiel ist das Bild des ersten Zeppelin-Aufstiegs vor 125 Jahren in Friedrichshafen. Es wirkt optimistisch, zeigt das Luftschiff gen Himmel steigend. Doch Quellen verraten: Es war ein Fehlstart, das Luftschiff sank, die Höhensteuerung war defekt. Drei Jungen im Wasser scheinen den Aufstieg zu bestaunen, doch dieses Bild tauchte erst in den 1970er Jahren auf, nicht in zeitgenössischen Quellen. Solche Manipulationen zeigen, wie wichtig es ist, Bilder kritisch zu prüfen – damals wie heute.
Mara Kölmel: Wir fördern Bild-, Technik- und Digitalkompetenz, um Manipulationen zu erkennen. Eine Studie zeigt, dass 57 % der Menschen Werbung und journalistische Inhalte nicht unterscheiden können. Besonders junge Menschen beziehen Informationen aus sozialen Medien, wo Bilder oft als „wahr“ wahrgenommen werden. Wir nutzen spielerische Ansätze, um diese Kompetenzen zu vermitteln.
Wie haben Sie die Künstler für Ihre Ausstellung ausgewählt?
Mara Kölmel: Wir wollten neue Werke schaffen, die sich mit dem Archiv auseinandersetzen. Acht Künstler wurden eingeladen, Vorschläge einzureichen, die Kunst, Technik und Gesellschaft verbinden – die DNA unseres Museums. Wir wählten Künstler mit kritischen, feministischen oder nicht-westlichen Perspektiven, darunter Christelle Uyiri, Aziza Khadiri und das Kollektiv EBB Global um Neil Beloofer. Sie haben unser Archiv erforscht und zeitgenössische Werke entwickelt, die historische Bilder neu interpretieren.
Welcher Ansatz fasziniert Sie persönlich – die Medienmacht oder die Mythisierung des Zeppelins?
Mara Kölmel: Die künstlerischen Werke sind sehr vielfältig. Aziza Khadiri hat sich von Zeitzeugenberichten inspirieren lassen, die Zeppeline als mythische Wesen – wie Drachen oder Wale – beschreiben. Diese poetischen Zuschreibungen zeigen sich auch in ihrer skulpturalen Installation: eine dreiteilige Aluminiumkonstruktion, die zwischen Objekt und Bedeutung oszilliert: ein Fabelwesen, ein Luftschiffgerippe, eine schwebende Hülle? Darüber hinaus schuf sie eine KI-basierte Fabel, die an zentralasiatische Miniaturmalerei erinnert. Dabei rückt die Künstlerin auch die unsichtbare Arbeit von Frauen in den Vordergrund, die im ersten Weltkrieg Zeppelin und -Baloonhüllen nähten. Als Künstlerin mit usbekischen Wurzeln verwebt sie diese Bilder aus dem Archiv zu einer spekulativen Bildwelt, in der weibliche Kollektivität und die unsichtbare Arbeit von Frauen sichtbar werden.
(Gekürzt, Anmerkung der Redaktion)
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Bild und Macht. Zeppelin-Fotografie im Fokus, 2025 © Zeppelin Museum Friedrichshafen, Foto Markus Tretter
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