"Wir müssen die Architektur, die eine Abwehrhaltung hat, umwidmen“ Interview Axel Timmermann

©Axel Thuenker

Axel Timmermann: Wir müssen die Architektur, die eine Abwehrhaltung hat, umwidmen.“ 


„Das Bauhaus vor dem Bauhaus“ 

Prof. Heinrich Theodor Grütter

Aktuelle Ausstellung „110 Jahre Behrensbau. Architektur und Geschichte."

Der Behrensbau ist weltweit einzigartig. Benannt ist er nach seinem Architekten Peter Behrens, einem Universalgenie, in dessen Büro zeitweise Mies van der Rohe, Le Corbusier und Hans Walter Gropius mitarbeiteten.


Der Behrensbau ist aber nicht nur aufgrund seiner Architektur außergewöhnlich, sondern er symbolisiert die Wirtschafts- und Politikgeschichte von Nordrhein-Westfalen. Seine Fassade wirkt monumental, fast kalt, allerdings mit turbulenter Geschichte. Außerdem beherbergte er auch viele Flüchtlinge, die 2015 nach Düsseldorf kamen. Ein Graffitibild, das von den Bewohnern gezeichnet wurde, hängt nun auch in der Ausstellung. Zunächst war der Behrensbau Sitz des Konzernvorstands von Mannesmann, einst größter Arbeitgeber in Düsseldorf. In der Ausstellung befinden sich auch historische Fotos des Mannesmann Prozesses, darunter das Victory- Foto vom damaligen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann.


Zudem haben die Kuratoren wunderschöne Jugendstil und Art Deco Objekte aus aller Welt zusammengetragen. Das Original Kaffee Service, das Peter Behrens für Kaiser Kaffee designte, ist ein Meilenstein in der Designgeschichte. Und natürlich das weltbekannte ikonische Bild „Der Kuss“, das Peter Behrens 1898 entwarf.

8. Juli 2023

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Interview Directory 

DÜSSELDORF

Name: Axel Timmermann

Occupation: Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Haus der Geschichte NRW

„Viele Menschen kennen das Gebäude noch gar nicht, weil man nie rein durfte."


Was macht den Behrensbau in Ihren Augen so besonders?


In meinen Augen macht das Gebäude einzigartig, dass es so vielseitig nutzbar ist. Hier in der Ausstellung haben wir eine große Freifläche, die entstanden ist, weil die äußeren und inneren Wände tragen können. In der Mitte braucht das Gebäude keine tragenden Wände, und das war für die damalige Zeit revolutionär. Auch die Tatsache, dass die Menschen durch die große Fensterfront bei Tageslicht arbeiten konnten. Man hatte ein sehr schönes modernes Bürogebäude geschaffen, aber mit einer monumentalen Fassade.


Die Fassade wirkt auf manche Menschen einschüchternd. Wie wird das Gebäude von den Menschen eigentlich angenommen?


Die Fassade wurde mit Naturstein gebaut und hat deshalb einen Festungscharakter. Von außen hat es eine Abwehrhaltung. Es war aber auch eine Repräsentationsarchitektur vom Konzern gewünscht und der normale Düsseldorfer Bürger hatte hier nichts zu suchen. Die Angestellten gingen nie durchs Hauptportal, sondern nur der Vorstand. Viele Menschen kennen das Gebäude noch gar nicht, weil man nie rein durfte. Bis 2000 war das Gebäude noch im Besitz von Mannesmann, später der Sitz von Vodaphone und danach wurde es von der Landesregierung genutzt.


Erst wir als Museum machen es möglich, die Räume zu besichtigen. Dementsprechend müssen wir die Architektur, die eine Abwehrhaltung hat, umwidmen. Unser grünes Portal funktioniert gut, denn die Menschen merken, dass sie hineinkönnen.



Peter Behrens, Hans Walter Gropius, Le Corbusier, Mies van der Rohe: „Es ist das einzige Gebäude, an dem sie gemeinsam gearbeitet haben.“


Das Gebäude hat auch eine weltweite Einzigartigkeit wegen der mitwirkenden Architekten, Peter Behrens, Walter Gropius, Le Corbusier, Mies van der Rohe.


Es ist das einzige Gebäude, an sie gemeinsam gearbeitet haben. Man muss es aber relativieren, denn Gropius und Le Corbusier werden eine untergeordnete Geschichte gespielt haben. Sie können nur an den Entwürfen gearbeitet haben, denn wir konnten nachweisen, dass sie zur Zeit des Baus nicht mehr im Büro gearbeitet haben. Wer eine wichtige Rolle spielte, war Mies Van der Rohe, der im Behrens Atelier die Detailzeichnungen gemacht hat. Später war er beim benachbarten Hochhaus zu Besuch und erwähnte in diesem Zusammenhang, dass er das Treppenhaus gestaltet hat. 


Das Treppenhaus sticht in seiner Gestaltung hervor, denn wir haben ansonsten klare Kanten, rechte Winkel, Rechtecke und Quadrate als Gestaltungselemente. Das Treppenhaus hingegen ist geschwungen und konterkariert das Gesamte. 


Die Bauzeit soll nur 2 Jahre gedauert haben. Hier in Düsseldorf muss man sich erst noch an die Zahl 10 Jahre gewöhnen, in der Diskussion über die neue Oper.


Die Zahl ist sogar zu hoch, denn es waren nur 19 Monate. Wahrscheinlich war dies mit einem hohen Personalaufwand möglich. Wir fanden allerdings nichts, was die kurze Bauzeit belegt. 


Sind Sie selbst Architekt? Welches ist Ihr Lieblingsstück aus der Ausstellung?


Ich bin Historiker mit Schwerpunkt Public History und als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt. Ich muss auf das Gebäude selbst verweisen und die Originalvertäfelung in der Vorstandsetage auf dem 2. Stock, der unter Denkmalschutz steht. Wir konnten sie dankenswerterweise demontieren und hierher in die Ausstellung bringen. So kann man den Flair von 1912 hierher in die Ausstellung bringen.


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Die Ausstellung 110 Jahre Behrensbau. Architektur und Geschichte im Behrensbau am Mannesmannufer in Düsseldorf ist vom 24. Mai bis 5. November 2023 zu sehen.

hdgnrw.de

Behrensbau ©Axel Thuenker

Das weltberühmte ikonische Gemälde "Der Kuss", das Peter Behrens 1898 entwarf. Leider ist es aber nur eine Kopie, denn das Original, ein Holzschnitt, befindet sich im MoMa in New York.

Die Ausstellung zeigt auch historische Fotos vom Mannesmann-Prozess, darunter das Victory-Foto des damaligen Deutsche Bank-Chefs Josef Ackermann.

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