Dr. Heinrich Labbert: Düsseldorf ist die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen, und wir sollten uns etwas leisten, aber angemessen.

Dr. Heinrich Labbert: Düsseldorf ist die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen, und wir sollten uns etwas leisten, aber angemessen.

Seit der Düsseldorfer Ratssitzung am 15. Juni ist klar, dass das neue Opernhaus an der Heinrich-Heine-Allee im Herzen der Stadt gebaut wird. Realisiert wird das Projekt von der IPM, Immobilien-Projekt-Management Düsseldorf, einer Tochtergesellschaft der Stadt Düsseldorf.


Seit Jahren wird über das neue Opernhaus in Düsseldorf leidenschaftlich diskutiert und gestritten. Das Projekt trägt den kreativen Namen „Oper der Zukunft". In der Ratssitzung am 15. Juni wurde beschlossen, dass der Neubau und nicht ein Umbau an der Heinrich-Heine-Allee entstehen soll. Vorausgegangen war ein städtebaulicher Ideenwettbewerb, bei dem Düsseldorfer Büros, aber auch internationale Büros fantasievolle Opern zeigten. Von dieser Entscheidung scheint es kein Zurück mehr zu geben, zumindest wenn es nach der IPM, einer 100%igen Tochter der Stadt, geht. Sie wird übrigens gleichzeitig das 100 Meter hohe technische Rathaus bauen. IPM beschäftigt nach eigenen Angaben 24 Mitarbeiter, von denen einer für die Interimsoper und ein anderer für die Oper zuständig sein wird. Für das große Opernprojekt will das Unternehmen 2 zusätzliche Projektmanagement-Büros beauftragen. Nun bereitet die IPM für Juni 2024 einen nicht offenen Wettbewerb vor, an dem sich über 20 internationale Büros beteiligen können. Der Vertrag mit dem Gewinner soll im Sommer 2025 abgeschlossen werden. Allerdings fehlt es laut IPM noch an Fachleuten für den Opernbau, unter anderem für die Innen- und Außenakustik, denn diese würden schwer zu finden sein.


Der Tag, an dem der erste Vorhang fällt, soll erst im Jahr 2033 sein; dies wäre laut IPM sogar noch eine „sportliche Planung". „Als Bauherr würden wir uns wünschen, dass bei der Ausschreibung ein Kostenlimit definiert wird", so Dr. Labbert. Ob das realistisch ist, wird sich anhand der Entwürfe und der Preisgestaltung zeigen, die bis dahin stattfinden werden. „In Teilen der Politik gibt es Bedenken, dass eine so hohe Summe nicht zur Verfügung gestellt werden sollte", führt Dr. Labbert aus. Er sei aber überzeugt, dass die Oper einen Mehrwert bringe und verweist auf die finanziellen Investitionen der Investoren z.B. nach dem Bau des Kö-Bogen-Tunnels.


Ein weiteres großes Thema ist das Interimsgebäude, denn es muss bereits stehen, wenn das Opernhaus 2027 abgerissen wird. Derzeit gibt es laut IPM keine gebrauchten Interimsgebäude auf dem Markt; diese seien alle nach China verkauft worden. In Guangzhou wird übrigens gerade eine neue Oper gebaut; sie ist 10-mal größer als die Oper in Paris, die wiederum 10-mal größer ist, als die Düsseldorfer Oper jemals sein wird. 

30. Juli 2023

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Interview Directory 

DÜSSELDORF

Name: Dr. Heinrich Labbert

Occupation: Managing Director IPM, Immobilien-Projekt-Management Düsseldorf

„In time and in budget“


Wie sind Sie zu IPM gekommen und wie geht es für Ihr Unternehmen nach dem Ratsbeschluss vom 15. Juni weiter?


Ich bin Bauingenieur und las eine Anzeige, dass für das Projekt Kö-Bogen-Tunnel ein Projektleiter gesucht wird. Ich habe ihn dann gebaut und es mündete 2015 in der Gesellschaft IPM. Als 100-prozentige Stadttochter machen wir jetzt dankenswerterweise die neue Oper. Wir haben ein großes Potential an Vertrauen aufgebaut, Überschrift: „In time and in budget". Wir bauen auch das neue technische Rathaus, ein 110 Meter hohes Rathaus.


Nach Ihrem Zeitplan soll der Text für den neuen Wettbewerb bis 2024 fertig sein. Dauert es so lange, nur um den Text zu erstellen?


Das ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Wir versuchen, die Qualität zu definieren, wie groß die Flächen sind, welche Funktionen wir brauchen, was die Rahmenbedingungen für das Gebäude und die Umgebung sind. Bis 2025 wird der nicht offene internationale Wettbewerb folgen; wir werden 20 bis 25 Planungsbüros unter den Qualitätsbedingungen auslosen. Diese werden ein „ansehnliches“ Schmerzensgeld erhalten, das aber nie dem Aufwand entspricht. Wenn Sie unendlich viele Büros zulassen, ist das nicht mehr möglich, weil Sie dann die ersten Millionen für die Honorierung der Arbeit los wären. Diese Zahlen sind eine Prognose, von der wir glauben, dass wir sie erreichen können.


In der Sitzung vom 15. Juni sagten Sie, dass Sie noch nach Experten für die Opernplanung suchen?


Hier gibt es nur wenige Fachleute. Das hat den Nachteil, dass es keinen breiten Wettbewerb gibt und den Vorteil, dass man es mit hochqualifizierten Spezialisten zu tun hat. Wir haben bereits Experten zum Thema Denkmal, Garten, Statik, aber jetzt kommen die Themen, Innen- und Außenakustik, Theater- und Opernplanung.


„Die Zahlen, die heute im Umlauf sind, sind alle unseriös, weil man ohne Planung keine Kostenschätzung machen kann.“


Eine Partei hat den Antrag gestellt, eine Kostengrenze von 350 Millionen festzulegen. Ist das für Sie als Bauherr realistisch?


Als Bauherr würden wir uns wünschen, dass in der Ausschreibung eine Kostengrenze definiert wird, aber im Moment sind wir noch nicht so weit. Die Zahlen, die heute im Umlauf sind, sind alle unseriös, weil man ohne Planung keine Kostenschätzung machen kann. Die Zahl von 750 Millionen, die die Stadt einmal veröffentlicht hat, hat keine Grundlage, die ich nachvollziehen kann. In der Sitzung (Anm. der Red am 15. Juni) wurde ein Vergleich mit der Oper in Linz gezogen, die 350 Millionen gekostet hat, aber das war 2009. In Oslo wurde 2008 für 550 Millionen Euro gebaut, in Helsinki ein Umbau für 200 Millionen und in Kopenhagen für 235 Millionen, aber das ist 20 Jahre her. Dies sind jedoch nur die öffentlichen Zahlen.


„Es gibt in Teilen der Politik die Sorge, dass ein so hoher Betrag nicht zur Verfügung gestellt werden sollte.“


Es gibt in Teilen der Politik die Sorge, dass ein so hoher Betrag nicht zur Verfügung gestellt werden sollte. Und es gibt die Bedenken, Denkmalschutz, Gartenpflege, Nachhaltigkeit. Meiner Meinung nach hat die Stadt alles richtig gemacht. Sie hat eine sorgfältige Standortanalyse durchgeführt, sie hat die Öffentlichkeit einbezogen, und sie legt großen Wert darauf, dass es eine Oper der Zukunft wird, mehr als nur eine Oper. Ein Mehrwert für die Stadtgesellschaft.


Als Projektleiter des kleinen Tunnels unter dem Breuninger war ich persönlich anfangs dagegen, weil er schon damals, 2009, 300 Millionen Euro gekostet hat. In den ersten 6 Monaten habe ich meine Meinung geändert, weil die Anwohner ein Vielfaches dieser Summe investiert haben. H&M hat neu gebaut, Centrum hat zwei neue Gebäude gebaut und der Kö-Bogen II ist entstanden. Wenn wir an dieser Stelle ein attraktives Opernhaus bauen, wird sich das wahrscheinlich auch für die Landeshauptstadt Düsseldorf finanziell positiv auswirken.


Was bedeutet es für Sie persönlich, an diesem Projekt beteiligt zu sein? Ist es Ihr größtes Bauprojekt?


Wenn ich nein sagen könnte, würde ich nein sagen, weil es eine politische Aufgabenstellung ist. Als Techniker würde ich gerne im unpolitischen Raum arbeiten. Für mich ist es ein Leuchtturmprojekt am Ende meiner beruflichen Laufbahn und eine Bestätigung für meine bisherige Arbeit. Die politische Dimension beeindruckt mich.


Vom jetzigen Standpunkt aus würde man nie zu einem Umbau zurückkehren. In der Sitzung wurde auf Köln verwiesen.


Die Räumlichkeiten der Oper reichen nicht aus, die Brandschutzmaßnahmen sind nicht mehr zeitgerecht. Nur die besondere Klientel, die Künstler, können unter solchen Bedingungen arbeiten. In Köln hatte der Rat beschlossen, ein neues Opernhaus zu bauen, aber ein Volksentscheid stimmte dagegen. Die baubegleitende Umplanung dauerte sehr lange und war ein finanzielles Fiasko. So macht man das nicht.


„Ich mache mir Sorgen, denn wir bauen ja auch Schulen, Sporthallen, Kindergärten, und da brauchen wir immer eine politische Lösung.“


Das Projekt „Oper der Zukunft" hätte auch scheitern können.


Frau Koch hat das Projekt toll verteidigt. Vor ein paar Jahren haben die Grünen für das Projekt gestimmt und es steht so im Koalitionsvertrag. Ein Jahr später sieht die Welt anders aus. Die Koalition konnte sich bei dem Thema Opernhaus der Zukunft nicht einigen. Darüber mache ich mir Sorgen, denn wir bauen ja auch Schulen, Sporthallen, Kindergärten, und da brauchen wir immer eine politische Lösung.


Was können Sie zu der Bauzeit von 10 Jahren sagen?


Die Zahl ist von uns seriös erarbeitet, aber die 10 Jahre sind ohne Risikoreserve und Puffer für Eventualitäten geplant. Wir gehen davon aus, dass wir 2033 eröffnen können, aber das ist sehr sportlich. Ein Jahr für die Ausschreibung, 2 Jahre für den Wettbewerb, danach benötigt der Gewinner 2 bis 3 Jahre für seine Planung. Erst dann können wir die Entscheidung über die Ausführung und Finanzierung treffen.


„Wir würden dafür sorgen, dass das Interimsgebäude weiterverkauft werden oder sogar in Düsseldorf bleiben kann.“


Frau Koch hat in der Sitzung vom 15. Juni gesagt, dass es einen Markt für den Verkauf von Interimsgebäuden gibt? Ist die Standortfrage geklärt und was wollen Sie dafür ausgeben?


Wir müssen jetzt die Standortfrage des Interimsgebäudes klären, ob Bestandsbau oder Neubau. Ich persönlich würde ein neues Gebäude begrüßen. Es hat bereits eine Standortauswahl gegeben, aber wir wollen die Sache von vorne aufrollen, und das wird in den nächsten 6 Monaten geklärt werden. Wir würden dafür sorgen, dass der Interimsbau weiterverkauft werden kann oder dass er sogar in Düsseldorf bleiben kann. Eine Oper light. Der Interimsbetrieb wird nicht die gleiche Spielzahl bringen; vielleicht eine Kombination aus neuer Spielstätte und einigen Bestands-Spielstätten. Wir möchten früh die Oper abreißen und mit dem Tiefbau beginnen, aber das geht erst, wenn die Interimslösung steht.


In München behauptet man, dass ihre Interims-Spielstätte 150 Millionen Euro gekostet habe, aber ich vermute, dass sie teurer war. Es gibt derzeit keine gebrauchten, weil China sie aufgrund des hohen Bedarfs alle aufgekauft hat.


„Düsseldorf ist zwar die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen, und wir sollten uns etwas leisten, aber angemessen.“


Welches Opernhaus beeindruckt Sie und wo sehen Sie das Düsseldorfer Opernhaus in der Zukunft? Wird es das größte, das schönste oder das innovativste sein?


Jedes Gebäude hat mich beeindruckt, aber ich bin gespannt auf den Wettbewerb. Die Ergebnisse des städtebaulichen Wettbewerbs waren viel besser als wir erwartet hatten, weil die Büros mehr geliefert haben, als sie sollten. Ich würde mir wünschen, dass es das innovativste und erfolgreichste ist. Das größte auf keinen Fall, denn ich möchte wirtschaftlich sein. Düsseldorf ist zwar die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen, und wir sollten uns etwas leisten, aber angemessen. 


„Wir verlangen aber 100 Prozent deutsche Sprachkenntnisse.“


Das Geld, das Sie ausgeben, fließt ja letztlich in die Gesellschaft zurück. Kommt es den in NRW ansässigen Unternehmen zugute? An dem Wettbewerb waren auch internationale Architekturbüros beteiligt.


Wir bauen für mehr als 100 Millionen Euro im Jahr. Die Sorge ist immer da, aber das Geld fließt an regionale Unternehmen. Bei den Architekten ist es anders, denn hier ist Internationalität gefragt, weil es ein besonderes Produkt ist. Wir verlangen aber 100 Prozent deutsche Sprachkenntnisse. Internationale Planer sind an dieser Stelle schon erwünscht.

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